• 06.05.2021
      21:45 Uhr
      Hart gelandet - Airbus in der Krise tagesschau24
       

      Die Corona-Krise hat auch Airbus in eine tiefe Krise gestürzt. Konzernchef Guillaume Faury gesteht öffentlich: Der Niedergang von Airbus ist rasant, das Überleben fraglich. 15.000 Stellen will Faury abbauen. Und das ist vielleicht nur der Anfang. Was Faury aber nicht sagt: Airbus war schon vor Corona in einer Schieflage. Corona wirkt jetzt als Brandbeschleuniger. Die "Story im Ersten" zeigt die verschiedensten Facetten des Unternehmens und fragt: Hat dieser Konzern überhaupt noch eine Chance? Oder ist er nicht mehr zeitgemäß?

      Donnerstag, 06.05.21
      21:45 - 22:30 Uhr (45 Min.)
      45 Min.

      Die Corona-Krise hat auch Airbus in eine tiefe Krise gestürzt. Konzernchef Guillaume Faury gesteht öffentlich: Der Niedergang von Airbus ist rasant, das Überleben fraglich. 15.000 Stellen will Faury abbauen. Und das ist vielleicht nur der Anfang. Was Faury aber nicht sagt: Airbus war schon vor Corona in einer Schieflage. Corona wirkt jetzt als Brandbeschleuniger. Die "Story im Ersten" zeigt die verschiedensten Facetten des Unternehmens und fragt: Hat dieser Konzern überhaupt noch eine Chance? Oder ist er nicht mehr zeitgemäß?

       

      Die Corona-Krise hat auch Airbus in eine tiefe Krise gestürzt. Konzernchef Guillaume Faury gesteht öffentlich: Der Niedergang von Airbus ist rasant, das Überleben fraglich. 15.000 Stellen will Faury abbauen. Und das ist vielleicht nur der Anfang. Was Faury aber nicht sagt: Airbus war schon vor Corona in einer Schieflage. Corona wirkt jetzt als Brandbeschleuniger. Die "Story im Ersten" zeigt die verschiedensten Facetten des Unternehmens und fragt: Hat dieser Konzern überhaupt noch eine Chance? Oder ist er nicht mehr zeitgemäß?

      Airbus ist die kühnste europäische Unternehmung des 20. Jahrhunderts. Der Konzern sieht sich als High Performer der Weltwirtschaft, will an der Spitze der Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsindustrie stehen. Das ist der Anspruch. Die Wirklichkeit ist ganz anders. So anders, dass sich die Frage stellt, ob Airbus überhaupt noch zeitgemäß ist. Ist Airbus nicht eher ein überholtes Relikt des 20. Jahrhunderts?

      130.000 Menschen arbeiten für den Konzern weltweit. Mehr als drei Viertel seines Umsatzes macht Airbus mit zivilen Flugzeugen, Airbus hat Boeing als größter Produzent von zivilen Flugzeugen knapp überholt. Das Unternehmen ist aber auch ein bedeutender Rüstungskonzern, produziert Kampfflugzeuge und militärische Hubschrauber. Auch im Weltall ist Airbus aktiv, baut Satelliten und Raketen. Soweit die Leistungen. Dem gegenüber stehen große Probleme und Herausforderungen. Etwa die Produktionswege: Beim Bau des Riesenfliegers A380 wirken 20 Standorte mit, die Teile werden durch ganz Europa hin- und hergefahren oder geflogen. Die Klimabilanz ist verheerend. Zeitpläne, Liefertermine werden nicht gehalten. Jetzt ist das Aus des A380 beschlossen. Der Markt hat sich verändert, die Airlines haben nicht genug Passagiere, um den A380 wirtschaftlich zu betreiben. Milliardenverluste für Airbus, erklärt der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg.

      Airbus ist zudem ein Milliardengrab für den Steuerzahler. 20 Milliarden illegale Subventionen hat die WTO errechnet, bezahlt von Frankreich, Deutschland und der EU. Die WTO hat den USA Strafzölle genehmigt, sieben Milliarden Euro, die zurzeit erhoben werden. Dennoch antwortet Thomas Jarzombek (CDU), Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, auf die Frage nach den Subventionen für Airbus zunächst mit der Gegenfrage: "Was für Subventionen?"

      Und dann ist da der Korruptionsskandal. Anfang 2020 ist Airbus zu 3,6 Milliarden Euro Bußgeld verurteilt worden. Denn Mitarbeiter des Konzerns hatten viele Jahre weltweit Schmiergelder gezahlt, viele Millionen, um den Verkauf der Flugzeuge anzukurbeln. Susan Hawley von Transparency International in Großbritannien bezeichnet die Korruption bei Airbus als Geschäftsmodell und stellt die Frage, ob der Konzern ohne Korruption überhaupt funktionieren kann. Airbus konnte einen Strafprozess abwenden, weil Richter wie die britische Richterin Victoria Sharpe feststellten, dass Strafverfolgung und damit Ausschluss von wichtigen Märkten Airbus ruinieren würde. Too big to fail.

      Die militärischen Projekte von Airbus sind eine weitere Achillesferse - sehr fehleranfällig. Besonders der Transportflieger A400M ist ein Projekt, das mehr als einmal vor dem Aus stand. Die Flieger wurden und werden viele Jahre zu spät ausgeliefert. Das liegt auch daran, dass von politischer Seite interveniert wurde. Der Flieger braucht vier Mammut-Triebwerke. Solche Triebwerke sollten neu entwickelt und produziert werden, ein europäisches Triebwerk, obwohl es in Kanada und in der Ukraine geeignete Triebwerke gibt. Dafür wurde ein Konsortium aus vier Herstellern gebildet und ein weiterer Beweis geliefert für den Satz: "Viele Köche verderben den Brei", wie der Militärexperte Thomas Wiegold erklärt. Bis heute sind die Probleme mit den Triebwerken nicht behoben.

      Auch die Satellitenprojekte von Airbus stehen unter keinem guten Stern, wie Sabine Klinkner, Professorin für Satellitentechnik, erläutert. Airbus und andere, etwa SpaceX von Elon Musk, wollen viele tausend Satelliten

      in den Weltraum schießen, riesige "Satellitenkonstellationen" aufbauen. Hier, so Prof. Klinkner, ist die Katastrophe unabwendbar, wenn Satelliten kollidieren, es zu einer Kettenreaktion kommt und ganze Konstellationen zerstört werden - mit schwerwiegenden Folgen für das Leben auf der Erde, das mehr und mehr von Satelliten abhängt. Und die erdnahen Orbits werden mehr und mehr zugemüllt.

      Und dann ist da noch die größte Baustelle: das Klima. Flugzeuge tragen zu etwa sechs Prozent zum Klimawandel bei. Das klingt zunächst wenig. Doch, wenn man bedenkt, wie wenige Menschen auf der Welt fliegen, weit unter zehn Prozent der Weltbevölkerung, dann wird hier ein erheblicher Schaden durch einen recht kleinen Teil der Weltbevölkerung verursacht. Die Umweltaktivistin Magdalena Heuwieser von der internationalen Organisation Stay Grounded sagt daher auch: "Konzerne wie Airbus fliegen uns ungebremst in die Klimakatastrophe." Airbus arbeitet an emissionsfreien Antrieben, will bis 2035 ein emissionsfreies Flugzeug entwickeln. Aber bis dahin werden noch zehntausende nicht-emissionsfreie Flugzeuge gebaut, und ein Flugzeug bleibt Jahrzehnte im Dienst. Benjamin Stephan, Verkehrsexperte von Greenpeace, spricht von "Realitätsverweigerung" von Airbus.

      Hat der Konzern wirklich erkannt, was die Zukunft verlangt, was seine eigene Zukunft sichert? Philippe Petitcolin, Chef des Airbus-Zulieferers und Flugzeugausrüsters Safran, sagte kürzlich in einem Interview: "Airbus glaubt offenbar, auch in 30 Jahren noch Flugzeuge so bauen zu können wie heute: Man nehme eine Röhre, klebe zwei Flügel dran und hänge zwei Motoren drunter - fertig. Aber so wird es nicht mehr laufen." Nur, wie wird, wie kann es laufen?

      Film von Knut Weinrich

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