• 30.06.2022
      01:00 Uhr
      Panorama 3 Einsatz in Afghanistan - Die letzten Tage von Kabul | NDR Fernsehen
       

      Die letzten Soldaten der Bundeswehr haben Afghanistan nach 20 Jahren Einsatz in einem Augenblick des Chaos verlassen: Tausende Menschen versuchten im August 2021 über den Flughafen von Kabul vor den Taliban zu fliehen. Auch knapp ein Jahr später sind noch viele Fragen offen.

      Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, 30.06.22
      01:00 - 01:30 Uhr (30 Min.)
      30 Min.

      Die letzten Soldaten der Bundeswehr haben Afghanistan nach 20 Jahren Einsatz in einem Augenblick des Chaos verlassen: Tausende Menschen versuchten im August 2021 über den Flughafen von Kabul vor den Taliban zu fliehen. Auch knapp ein Jahr später sind noch viele Fragen offen.

       

      Es herrscht Ausnahmezustand in Barth, Mecklenburg-Vorpommern: Hubschrauber kreisen, Fallschirmjäger springen aus laut knatternden Propellermaschinen, Soldaten schlagen sich durch Büsche und Felder. Aus einem weißen Haus, inmitten der sonst so ruhigen Gegend hier an der Ostsee, sollen Menschen gerettet werden. Es ist nur eine Übung - dieses Mal. Der Hannoveraner General Jens Arlt leitet das Training und kennt das Szenario hinter der Übung aus der Realität. Denn der 53-Jährige hat vor etwa einem Jahr auch die militärische Evakuierung am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul geleitet.

      Tausende Menschen stürmen im August 2021 das Flugfeld, um einen Platz in einem Flugzeug gen Westen zu erhalten. Sie alle wollen vor den Taliban fliehen, die dabei sind, Afghanistan vollständig zu übernehmen. "Das Zeitfenster war von vornherein unglaublich klein", erinnert sich Arlt. "Deswegen klingt das vielleicht etwas kühl oder kalt. Was ich auch den Männern und Frauen in Wunstorf gesagt habe, die mit der ersten Maschine losgeflogen sind. Ich weiß nicht, was uns erwartet. Wir müssen mit allem rechnen. Ich kann nicht garantieren, dass wir alle zurückkommen."

      Die Bundeswehr startet die größte Evakuierungsmission in ihrer Geschichte. Die Soldatinnen und Soldaten, die vom Stützpunkt im niedersächsischen Wunstorf aufbrechen, erwartet in Kabul Chaos. An den Toren des abgeriegelten Flughafens stehen ihnen tausende verzweifelte Menschen gegenüber. Einer der Soldaten ist Fallschirmjäger Nick. "Die hatten Todesangst und wollten unbedingt rein, um jeden Preis. Und das haben wir auch gemerkt. Bei einigen war der Preis höher. Die haben ihre Kinder vergessen", erzählt der Bundeswehrsanitäter.

      Tobias, Oberstleutnant des Kommando Spezialkräfte (KSK) fasst die Erlebnisse so zusammen: "Das war eben ein menschlicher Abgrund, den man dort gesehen hat. Man hat halt live miterlebt, was Menschen bereit sind, für ihre Flucht zu tun und wie barbarisch Menschen miteinander umgehen können. Und davon bleibt sicherlich auch eine gewisse seelische Narbe."

      Und es sind nicht nur die verheerenden Zustände vor Ort, die die Soldaten im August 2021 an ihre Grenzen bringen. Der Einsatz in Afghanistan endet in einer Niederlage. "Die Taliban waren 20 Jahre lang unser militärischer Gegner in Afghanistan. Wir haben gegen sie gekämpft. Wir haben sie gejagt", erinnert sich der Oberstleutnant des KSK. Nun stünden die Taliban am Flughafen plötzlich vor ihnen: "Das war surreal!"

      Wird geladen...
      Wird geladen...
      Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, 30.06.22
      01:00 - 01:30 Uhr (30 Min.)
      30 Min.

programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 28.03.2024